GAPP –Austausch mit der Saline High School
30. Oktober 2024
Von der “Inklusion” zum “Connecting” – tolle Erfahrungen mit dem GAPP-Austausch
Wie gehen wir in Deutschland, in Speyer und am FMSG mit Schülern und Schülerinnen um, die eine Beeinträchtigung haben? Und wie wird dieses Thema im Vergleich an amerikanischen Schulen behandelt? Diesen Fragen sind die 12 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des diesjährigen GAPP-Austausches mit der Saline High School in Michigan vom 3. bis 24. Oktober 2024 nachgegangen. Das kurz gefasste Ergebnis: Wo wir noch um Inklusion ringen, lebt die Schule in Saline bereits „Connecting“. Der Unterschied: „Es gibt kein ‚Personen in die Gesellschaft inkludieren‘, sondern ein ‚Wir verbinden alle Menschen miteinander‘“, erklärt Xenia Müller aus der MSS 11.
Schule und Sport für alle
Anders als im deutschen Schulsystem gehen in den USA alle Menschen eines Jahrgangs auf die gleiche Schule. Die Lehrenden sind nicht nur entsprechend geschult, sondern auch der Personalschlüssel ist an die Situation angepasst. Es gibt also deutlich mehr pädagogische Fachkräfte, die sich um spezielle Bedürfnisse kümmern. Und so ist es nicht verwunderlich, dass im Schulfach „Unified PE“ Sport für alle auf dem Programm steht. „Da geht es um das Miteinander, ohne jeden Druck“, berichtet Tim Buda. „Auf diese Weise können alle ihre Fähigkeiten entfalten.“ Das bringt gelegentlich erstaunliche Talente ans Tageslicht: „In meiner Gruppe im Sportunterricht war ein Junge mit einer Behinderung, der viel besser Volleyball spielte als ich“, so Xenia. „Da war plötzlich ich diejenige, die sehen musste, wie sie zurechtkommt.“
Bürgermeisterin Monika Kabs im Interview: „Hürden in den Köpfen“
In der Vorbereitung auf die Zeit in den USA hatten die Schwerdler schon in Deutschland zum Thema Inklusion recherchiert: Wo stehen wir, welche Hürden gibt es und wie sieht der Alltag von Menschen aus, die eine Behinderung haben oder sie unterstützen? Ein Interview mit der Speyerer Bürgermeisterin Monika Kabs gab erste Anhaltspunkte. „Ich habe mich schon als Schulleiterin sehr für ein Miteinander eingesetzt“, so Monika Kabs. „Meine Erfahrung ist, dass die größte Hürde nicht bei Investitionen für einen Aufzug oder für technische Ausstattung liegt, sondern in den Köpfen vieler Menschen, die sich dieses Miteinander nicht vorstellen können oder wollen.“ Die Stadt bewege aber heute schon viel, um Menschen mit Behinderung zu integrieren: Seit einem Jahr gebe es den Integrationsbetrieb auf dem Friedhof der Stadt, und auch im Stiftungskrankenhaus sei das denkbar. Grundsätzlich, so Kabs, gehörten Menschen mit Behinderungen für sie in die Mitte der Gesellschaft. „Da sind uns die USA und auch Kanada mindestens in den Schulen weit voraus.“
In Deutschland fehlen Vorbilder
Ein weiteres Interview während der Vorbereitung des Austausches verstärkte diese Erkenntnis. Verena Weinert hat mit ihrer Familie mehrfach den Wohnsitz zwischen Deutschland und den USA gewechselt. Ihre beiden Kinder mit Down-Syndrom haben also beide Schulsysteme erlebt. Wichtig ist ihr vor allem eines: „In den USA erlebt man selbstverständlich Menschen mit Down-Syndrom im Alltag, sie sind berufstätig und bilden so ein Vorbild für andere Menschen in der gleichen Situation.“ Diese Vorbilder fehlten hier praktisch völlig, weil es im ersten Arbeitsmarkt so gut wie keine Menschen mit Behinderung gebe. Auch das ist in Saline anders: Hier gibt es zum Beispiel eine Filiale eines erfolgreichen Cafés, in dem nur Menschen mit Behinderung arbeiten. Die Kette „Bitty and Beau`s“ wurde vor acht Jahren in North Carolina gegründet und hat inzwischen 18 Ableger im ganzen Land.
Highlights: Sport, Familie, Essen
Zu einem erfolgreichen Austausch gehört aber noch mehr als ein spannendes und relevantes Thema. Das Zusammenleben mit den Partnerinnen und Partnern und deren Familien, das Kennenlernen des anderen Landes samt Sprache und Kultur, der andere Schulalltag – all das haben die GAPP-Teilnehmerinnen und –Teilnehmer erlebt. Noch auf dem Rückflug wurden erste Erinnerungen geteilt. „Ich habe mit meinem Austauschpartner viele Sportarten angeschaut und ausprobiert, die dort extrem populär sind“, meinte Jaro Bettag. „Klar, Basketball kennen wir auch, aber Football oder Baseball auszuprobieren war richtig klasse.“ Für Hannah Singpiel war das Zusammenleben mit ihrer Gastfamilie der Höhepunkt der Reise. „Wir haben viel miteinander gemacht, die Chemie hat einfach gestimmt, und so hatten wir eine echt tolle Zeit miteinander.“ Tim Buda fand die Unterschiede in den Speisekarten und auf den Tellern beider Länder spannend: „Ich wollte einfach schauen, ob die Klischees über das Essen in den USA stimmen – und es ist wahr, viele Speisen sind süßer oder fettiger als bei uns.“ Aber natürlich war auch viel Neues und Leckeres dabei.
„Unbedingt mitmachen!“
Nachdem alle Teilnehmenden samt der begleitenden Lehrkräfte Ingrid Pohl und Markus Marzinzik wieder heil zuhause gelandet sind, ist Zeit zum Verarbeiten der Eindrücke. Im Juni 2025 kommt dann die amerikanische Gruppe für drei Wochen zum Gegenbesuch ans FMSG. Für künftige Austausche hat Hannah Singpiel noch eine Empfehlung: „Wer die Chance hat daran teilzunehmen, sollte das unbedingt tun! Ich war vorher auch etwas skeptisch, aber die Zeit war so spannend und vielfältig, dass ich es nur allen empfehlen kann.“